Fotografieren - Eindrücke bewahren und teilen

Bildgestaltung

Trotz aller technischer Hilfsmittel, trotz mächtiger Bildbearbeitungssoftware und aller damit verbundenen Möglichkeiten der Fotonachbearbeitung bestimmen wir doch schon bei der Aufnahme, ob wir ein "gutes" Foto aufnehmen oder nicht. Nicht jeder Fehler lässt sich mit einer noch so guten Software korrigieren.
Es gilt also auch in der Digitalfotografie, einige Grundlagen zu beherrschen und zu berücksichtigen. Zu den häufigsten Fehlern in der Aufnahmetechnik, die nicht oder nur unzureichend korrigiert werden können, zählen eine nicht optimale Perspektive und ein zu großer Abstand zum Motiv.

Dieser Abschnitt wird sich mit Fragen der Gestaltung von Fotos beschäftigen. Besondere Gestaltungsfragen ergeben sich aus der Technik der Digitalfotografie nicht, so dass als weiterführende Literatur jede Quelle genutzt werden kann, insbesondere auch (ältere) Bücher aus der Zeit, als digitale Fotos noch Utopie waren. Und ältere Bücher sind keineswegs schlechter als viele Neuerscheinungen . . .

Aufnahmestandort
Für den Bildaufbau mit dem eigentlich gewählten Bildausschnitt ist häufig ein Standortwechsel notwendig, um interessante und nicht nur zufriedenstellende Aufnahmen zu erhalten. Wer kennt keine Portraitaufnahmen, bei denen aus dem Kopf scheinbar irgendwelche Hintergrundgebilde wachsen - das Hirschgeweih kommt zwar nicht mehr so häufig in Wohnungen vor, ist aber hierfür das beliebteste Beispiel. Aber auch Ampelmasten oder Lampen stören im Gesamteindruck des Bildes!
Und auch andere Gegenstände im Bild, die wichtige Linien im Bild verdecken, zerstören den Bildeindruck, den wir eigentlich erzielen wollten. Aber bewusst abgebildete Vordergrundmotive wie ins Bild ragende Äste, Zweige oder andere Dinge sollen das eigentliche Motiv "einrahmen"!

Ohne Kamera nehmen wir die Umgebung aus unserer Augenhöhe wahr. Interessante Fotos dürfen von dieser Regel abweichen und schaffen neue Perspektiven, die einen besonderen Reiz ausmachen können, zum Beispiel aus der Froschperspektive.
Gleichzeitig ist zu beachten, dass insbesondere auf mittleren Distanzen ein Standortwechsel (näher `ran) eine andere Bildwirkung erzielt, als das Motiv mit dem Teleobjektiv "heranzuholen". Die Teleaufnahme wird die Tiefe stauchen; und soll diese Wirkung nicht ausdrücklich erzielt werden: Standortwechsel!
Und häufig wird selbst ein kleiner Standortwechsel maßgebliche Veränderungen für das Bild ergeben: plötzlich haben wir unseren Vordergrund für die Landschaftsaufnahme oder unerwünschte Details oder Hintergrundsichten oder . . . oder . . . sind gebannt.

Quer- oder Hochformat
Digitalkameras mit ihrem LCD-Display und der Einblendung technischer Daten verleiten anscheinend dazu, die Kamera immer waagrecht zu halten. Motive mit einer vertikalen Betonung (Bäume, Türme, Personen) verlangen jedoch geradezu nach einer Aufnahme im Hochformat - und diesem Verlangen sollten wir unbedingt nachgeben.
Auch der Eindruck besonderer Tiefe ist im Hochformat leichter darstellbar, während das Gefühl der Weite im Querformat besser abgebildet wird.

Diese Unterscheidungen stellen einen allgemeinen Anhaltspunkt dar; im Einzelfall kann diese Regel natürlich auch gebrochen werden. Als Regel gilt die Unterscheidung unabhängig vom eingestellten Bildformat der Kamera (2 : 3 oder 3 : 4), denn die grundsätzliche Bildwirkung wird sich nicht ändern. Weitere Formate haben sich in der Vergangenheit in der Fotografie nicht durchgesetzt (zum Beispiel 16 : 9), jedoch bleibt die Entwicklung abzuwarten. - Und nicht zu vergessen sind die inzwischen gerne genutzten Beschnitte eines Bildes am PC, die zum Teil zu völlig abweichenden Bildformaten (mit einer entsprechenden Bildwirkung) sorgen können, wobei ggfs. ein entsprechendes Passepartout den Bilderrahmen füllt.

Bildwinkel und Bildausschnitt
Zwar können mit der Nachbearbeitung der Aufnahmen am PC viele Sünden bereinigt werden und ist eine kreative Nachbearbeitung möglich, jedoch wird in den seltensten Fällen aus einer schlechten Aufnahme ein gutes Foto entstehen. Und grundsätzliche Fehler sind nicht reparabel.

Die Objektivbrennweite wird häufig nur beachtet, um z.B. entfernte, nicht erreichbare Motive "heranzuzoomen". Dabei vergessen wir jedoch, dass die Brennweite den Bildwinkel einer Aufnahme und damit den Bildausschnitt bestimmmt.
Im Kleinbildformat bildet ein 50mm-Objektiv ungefähr unsere normale Sehgewohnheit ab; kürzere Brennweiten gehören zum Tele-Bereich und erweitern den Bildausschnitt. Längere Brennweiten (Teleobjektive) engen den Bildausschnitt ein.
Beachte: Die Bildwinkel verändern sich nicht nur seitlich, sondern auch in der Höhe!

Weitwinkel :Mit Weitwinkelaufnahmen wird der Bildausschnitt erweitert - wir nehmen "mehr" auf.
Motive im Vordergrund drängen sich auf, und bei hier fehlenden Bildelementen wirkt das Bild leer.
Bei Weitwinkelaufnahmen gilt: nah `ran! Aber Vorsicht bei Personenaufnahmen: in unmittelbarer Nähe drohen Verzerrungen durch die Überbetonung des Nahbereiches. Der unmittelbare Vordergrund wird überproportional groß abgebildet.
Daneben werden uns Weitwinkelaufnahmen eine große Tiefenschärfe bescheren; die Motive im Bild werden nahezu von vorn bis hinten scharf abgebildet.

Tele :Aufnahmen mit dem Teleobjektiv werden den Bildwinkel einengen und gleichzeitig die im Bild dargestellte Tiefe stauchen. Die Motive werden in der empfundenen Entfernung des Betrachters zusammenrücken. Anhaltspunkte für die gestaffelten Entfernungen sind daher für den Betrachter erforderlich.
Motive im Vordergrund werden betont. Unterstützen können wir diese Wirkung durch einen "unscharfen" Hintergrund, was durch die geringere Tiefenschärfe von Teleobjektiven erleichtert wird - bei Digitalkameras leider nicht im gewohnten Umfang wie bei Kleinbildkameras.

Totale vs. Detail
Häufig werden Fotos als "Totale" geschossen und das eigentliche Motiv verliert sich in einer Unsumme von Details, die eigentlich gar nicht im Bild sein sollten. Und als Trost gibt es ja die Ausschnittvergrößerung, die man jetzt selbst am PC anfertigen kann.
Übersehen wird dabei, dass zwar Bildausschnitte angelegt werden können, jedoch das Foto erheblich an Qualität verliert, je mehr Bildteile ungenutzt bleiben. Denn die Zahl unserer Bildpunkte (des gesamten Bildes) vermehrt sich nicht, und jeder Detailausschnitt wird nur den entsprechend (geringen) Anteil an Bildpunkten beinhalten. Und von 100MegaPixel-Bildern sind wir technisch weit entfernt.

Digitale Fotos kosten nichts, so dass eine Totale als Übersicht ihre Berechtigung hat, sozusagen als Einstimmung auf die kommenden Fotos. Aber gute Aufnahmen beschränken sich auf das Wesentliche. Und der Betrachter muss nicht in einer Vielzahl von Bildinformationen nach dem eigentlichen Motiv suchen.
Also: auf das Wesentliche konzentrieren - und nah `ran ! ! !

Der Vordergrund macht eine gute Aufnahme
Aufnahmen auf mittlere und weite Distanz (Landschaftsaufnahmen) verlangen nach einem Vordergrund, um dem Bild eine Tiefenwirkung zu geben und das Bild nicht flach wirken zu lassen. Für den Betrachter wird eine Tiefenwirkung geschaffen, die das Bild ansonsten nicht wiedergeben kann. Neben "handfesten" Motiven wie Gegenständen oder Personen kann aber auch zum Beispiel ein in das Bild ragender Schatten diese Aufgabe übernehmen.
Interessant wirken Durchblicke (Fenster, Torbögen usw.), die dem Bild gleichsam einen Rahmen geben. Und einen besonderen Reiz üben unscharfe Vordergrundmotive aus, wenn zum Beispiel Äste oder andere lichte Motive in der Nähe in das Bild ragen und Bildteile "verschleiern". Verstärkt wird dieser Effekt mit zunehmender Brennweite durch die stark abnehmende Schärfentiefe.

Lage des Hauptmotivs
Die Bildmitte ist nicht der wichtigste Punkt eines Bildes - ein Hauptmotiv in der Bildmitte macht die Aufnahme ausgesprochen langweilig. Gleichzeitig führt eine solche Bildgestaltung meistens dazu, viele unwesentliche Elemente in das Bild aufzunehmen.

Die größte Aufmerksamkeit gilt eigentlich einem anderen Punkt im Bild, und bei einer entsprechenden Bildgestaltung bleibt auch die Spannung für den Betrachter erhalten.
Die offizielle Definition ist zwar etwas anders, aber hilfreich ist mir eine Einteilung von 1/3 zu 2/3. An dem Schnittpunkt dieser gedachten Trennlinien sollte sich das Hauptmotiv im Bild befinden und gleichzeitig wird dadurch oft unnötiges Drumherum vermieden.
Sofern diese Regel beachtet wird, erledigt sich gleichzeitig auch die Frage nach Hoch- oder Querformat der Aufnahme.

Bildlinien
Die Betrachtung eines Bildes sollte durch das Bild geführt werden. Dazu sind "Linien" erforderlich, an denen entlang sich die Betrachtung des Bildes dann automatisch orientieren und daran entlang führt wird . Das funktioniert natürlich nur, wenn diese Unterstützung im Bild enthalten ist, wenn solche im Bild enthalten sind. Insbesondere können solche Linien vom Vorder- in den Bildhintergrund leiten.

Geradeaus mit der Bildflucht in den Hintergrund führende Linien sind langweilig - und werden durch die Stauchung gekürzt, so dass sie ihre erwünschte Wirkung nicht entfalten können. Also: diagonale Linien sind das bessere Mittel!
Diagonalen beleben das Bild, geben Halt in der Betrachtung und "führen" durch das Bild - in gewollter Linie und mit der beabsichtigten Wirkung, wenn sie richtig liegen. So wird ein Bild lebendig!

Lage des Horizonts
Insbesondere bei Landschaftsaufnahmen, vom Prinzip jedoch in vielen Aufnahmesituationen, gilt es die Lage des Horizonts zu bestimmen und die daraus resultierende Bildwirkung zu beachten. Am Beispiel der Landschaftsfotografie:
Ein tief liegender Horizont verkürzt die Landschaft - und betont damit zugleich den Himmel, der bei diesen Aufnahmen dann besonders interessant sein muss (zum Beispiel Wolkenformationen, Farben). Ein hoch im Bild liegender Horizont vergrößert den Bereich der abzubildenden Landschaft, betont diesen Bildteil und erfordert hier das Hauptmotiv.
Ein Horizont genau in der Bildmitte wirkt langweilig, denn die Betonung eines Hauptmotivs im Bild bleibt unbestimmt.

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