Scharfstellen
Schärfentiefe
Häufig wird der Begriff der Tiefenschärfe benutzt. Richtig heißt es "Schärfentiefe" und sie beschreibt, in welchen Entfernungen
unsere Motive auf dem Bild scharf abgebildet werden. Also: alle Bilddetails in einer Aufnahmeentfernung von ... bis ... m
werden scharf dargestellt.
Im Nahbereich kann es dabei um Millimeter in der Entfernung gehen!
Aufnahmen zur Beweissicherung sollen alle Informationen genau = scharf wiedergeben, jedoch bleiben gestalterische, künstlerische
Aspekte bei diesem Fotografieren außen vor.
Schärfentiefe kann jedoch unser Bild gestalten, wenn zum Beispiel der Hintergrund unscharf gehalten wird und unser Hauptmotiv
im Vordergrund dadurch besonders betont wird. Solche Bilder wirken gleichzeitig ruhiger, da weniger interessante Bildteile
(unscharf im Hintergrund) nicht besonders beachtet werden und die Konzentration des Betrachters auf unser Vordergrundmotiv
konzentriert bleibt.
Abhängig ist die Schärfentiefe technisch vom Linsendurchmesser des Objektivs und der Brennweite. Je geringer der Linsendurchmesser,
desto größer die Schärfentiefe. Und eben hier liegt die Krux, denn die Digitalkameras verfügen gegenüber den Kleinbildkameras
in der Regel über deutlich geringere Linsendurchmesser, wie man es den Kameras schon von Außen ansehen kann. Eine erhebliche
Schärfentiefe ist quasi eingebaut und erschwert uns eine ggfs. gewünschte Unschärfe (zumindest bei den Kompaktkameras) vor bzw.
hinter dem Hauptmotiv erheblich.
Mit zunehmender Brennweite schwächt sich dieser Effekt zwar ab, wird jedoch andererseits eingeschränkt durch die regelmäßig
abnehmenden einstellbaren Blendenbereiche.
Die Verteilung der Schärfentiefe vor und hinter dem fokussierten Objekt variiert mit der eingestellten Entfernung: während im engen
Nahbereich ein Verhältnis von ca. 1:1 erreicht wird, steigt der Anteil hinter dem fokussierten Objekt kontinuierlich an mit wachsender
Entfernung des Objektes. Wenn die Unendlicheinstellung noch eben in den Schärfebereich fällt, sprechen wir von der "hyperfokalen
Entfernung".
Automatische Scharfeinstellung - Autofokus (AF)
Digitalkameras sind gewöhnlich mit diversen Automatiken ausgestattet und für den Schnappschuss oder "gerade mal ein Foto machen"
sind sie auch eine Bereicherung. Aber die Automatiken haben auch ihre Grenzen, auch die automatische Scharfeinstellung
(Entfernungsmessung).
Soweit die automatische Scharfeinstellung benutzt wird, sollte man ihre Wirkungsweise und die Möglichkeiten der Beeinflussung
kennen. Infrarot-Entfernungsmessungen funktionieren zum Beispiel nicht bei Aufnahmen durch Glasscheiben - der Infrarotstrahl
stellt auf die Glasscheibe scharf.
Soweit die Entfernungsmessung auf der Nutzung von Kontrasten beruht, werden eben Kontraste im Bild benötigt. Sind Grenzlinien
für die Messung nicht erkennbar, zum Beispiel bei strukturlosen Wänden oder bei zu wenig Licht oder bei Gegenlicht, kann die
Kontrast-/Enfernungsautomatik keine ordentlichen Ergebnisse liefern.
Die automatische Entfernungsmessung ist durchaus sinnvoll einzusetzen, jedoch sind dabei folgende Dinge sinnvoll zu wissen:
1. kann die Automatik abgeschaltet werden - und wie;
2. auf welcher Technik basiert die Automatik dieser Kamera
3. benutzt die Automatik den gesamten Bildbereich oder nur eine Punktmessung (Spotmessung); kann zwischen den Messarten
umgeschaltet werden - und wie.
Auch bei eingeschalteter Automatik kann natürlich manipuliert werden. Soll auf eine bestimmte Entfernung scharf eingestellt
werden, kann ein Bezugsobjekt in eben dieser Entfernung anvisiert werden und diese Entfernungseinstellung bis zur Aufnahme (und
Schwenk auf den beabsichtigten BIldausschnitt) gespeichert werden, zum Beispiel durch den halb gedrückt gehaltenen Auslöser (oder
eine spezielle Speichertaste). Ein mit der Kamera auf das eigentliche beabsichtigte Motiv durchgeführter Schwenk verändert diese
Einstellung nicht mehr, aber Achtung: bei diesem Trick wird evtl. nicht nur die von der Kamera ermittelte Entfernung abgespeichert,
sondern oft auch die Belichtungseinstellungen, wenn die Belichtungsautomatik mitgenutzt wird!
Und überlässt man der Automatik die Entfernungseinstellung, wird die entsprechende Schärfentiefe zwangsweise mitbestimmt.
Erinnern wir uns: in der Regel erstreckt sich der Schärfentiefebereich von 1/3 vor dem AF-Messpunkt bis 2/3 hinter dem
AF-Messpunkt. Diese Lage ist feststehend, über die Blendenwahl kann nur die Ausdehnung des Schärfentiefebereichs beeinflusst
werden.
Manuelle Scharfeinstellung - MF
Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, bezieht sich die Kunst einer ordentlichen "scharfen" Abbildungsqualität nicht auf die
Darstellung des Hauptmotivs, denn diese Aufgabe wird vom AF in der Regel souverän gelöst. Interessant beim Scharfstellen sind
die Ausdehnung und die Lage der Schärfentiefe, und dazu bietet sich die manuelle Scharfeinstellung an, da hier die öllige
Freiheit bei der Aufnahme geboten wird.
Viele Aufnahmesituationen erfordern keinen Autofokus, denn dieser spielt seine Stärke insbesondere auch in der Geschwindigkeit
aus. Wenn jedoch genügend Zeit zur Verfügung steht, zum Beispiel bei Landschaftsaufnahmen, und hier auch noch die genaue Lage
der Schärfentiefe gefragt ist, wird der Autofokus nicht nur überflüssig, sondern erfordert die Aufnahme geradezu den MF-Einsatz.
Wenn dieses Feature genutzt werden soll, wenn es regelmäßig genutzt werden soll, ist das ständige Üben erforderlich, um
ansprechende Ergebnisse zu erzielen. Mit dieser Forderung nach ständiger Übung ist nicht so sehr die korrekte Einstellung der
Kamera gemeint, als vielmehr die dazu notwenige Zeit, denn ewig wartet das richtige Licht auch nicht für die Landschaftsaufnahme.
Und wenn die Kamera nicht wie im Schlaf bedient werden kann (welche Taste wofür), verliert sich die Lust an der manuellen
Einstellung sehr schnell . . . schade, wenn dann wieder nur die Automatiken genutzt werden.
Scharfstellen und Schärfentiefe bei unterschiedlichen Brennweiten
Die heutigen Digitalkameras besitzen entweder von Haus aus ein Zoomobjektiv (Kompaktkameras) oder aber bei den Digitalkameras wird es
gerne nachgerüstet und eingesetzt, nachdem deren Qualität hinter den Objektiven mit Festbrennweite nicht mehr auffallend nachsteht
(anderes gilt für die Lichtempfindlichkeit - bei für Amateure tragbaren Preisen). Zoomobjektive sind damit zum Standardobjektiv
geworden, und man sollte sich der Auswirkungen der unterschiedlichen Brennweitem auf Schärfe und Schärfentiefe bewusst sein.
Je geringer die Brennweite, desto größer die Schärfentiefe - und umgekehrt. Diese physikalische Rahmenbedingung ist unveränderlich
und sie gilt es bei der Motivwahl, Aufnahmestandort usw. zu beachten. Gleichzeitig beeinflusst die Brennweite jedoch auch weitere
Abbildungseigenschaften (Betonung des Vordergrund bei kleinen Brennweiten, "Verdichtung" der Tiefe bei langen Brennweiten), so dass
bei Zoomobjektiven über den Abstand Motiv - Aufnahmestandort hinaus weitere Überlegungen in die Entscheidung zur gewählten Brennweite
einfließen sollten.
Bewegte Motive
Auch viele Fotos ergeben keinen Film - und wollen es auch nicht sein. Ein Foto hält einen Moment fest, friert ihn ein. Und wenn die
Kamera beim Auslösen nicht verrissen wird, werden auch alle Bildteile scharf abgebildet. Die Frage bleibt, ob dies immer beabsichtigt
ist. Oder sollen die Motive in Bewegung nicht auch in der Bilddarstellung diese Bewegung widergeben?
Sofern ein bewegtes Motiv tatsächlich scharf = unbewegt abgebildet werden soll, muss eine entsprechend kurze Verschlusszeit für die
Aufnahme eingestellt werden. Eine längere Verschlusszeit lässt eben eine längerdauernde Bewegung des Motivs während der Aufnahme zu
- mit der entsprechenden Bewegungsunschärfe.
Diese Auswirkungen können bildgestaltend eingesetzt werden; die Aufnahme von fließendem Wasser zum Beispiel erscheint ausgesprochen
"unnatürlich", wenn jeder Wasserspritzer und Wassertropfen scharf abgebildet wird. Dafür lieber die Verschlusszeit verlängern - und
die Blende zur korrekten Belichtung verringern, wenn es die Kamera in ausreichendem Umfang zulässt.
Und da unsere Digitalkameras so lichtstark sind, kann eine ausreichend lange Verschlusszeit häufig gar nicht eingestellt werden. Hier
hilft uns ein (neutraler) Graufilter. Auf den ersten Blick zwar ungewohnt, bildet dieser "Filter" das Bild farbneutral ab, lässt
jedoch weniger Licht an das Objektiv, so dass die Verschlusszeit verlängert werden kann. ACHTUNG: der angegebene Verlängerungsfaktor
bezieht sich auf die Standardblenden- bzw. Verschlusszeitenreihe . . .