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Da beim Professor musikalische Puppen vorgeführt wurden,
schließt sich an den Besuch eine Debatte über Sinn und Unsinn künstlicher Musik an:
Das Streben der Mechaniker, immer mehr und mehr die menschlichen Organe zum
Hervorbringen musikalischer Töne nachzuahmen oder durch mechanische Mittel zu ersetzen,
ist mir der erklärte Krieg gegen das geistige Prinzip, dessen Macht nur noch glänzender
siegt, je mehr scheinbare Kräfte ihm entgegengesetzt werden; eben darum ist mir gerade
die nach mechanischen Begriffen vollkommenste Maschine der Art eben die
verächtlichste, und eine einfache Drehorgel, die im Mechanischen nur das Mechanische
bezweckt, immer noch lieber als der Vaucansonsche Flötenbläser und die
Harmonikaspielerin.«
»Ich muß dir ganz beistimmen,« sagte Ferdinand, »denn du hast nur in Worten deutlich
ausgesprochen, was ich längst und vorzüglich heute bei dem Professor im Innern lebhaft
gefühlt. Ohne so ganz in der Musik zu leben und zu weben, wie du, und ohne daher für
alle Mißgriffe so gar empfindlich zu sein, ist mir doch das Tote, Starre der
Maschinenmusik von jeher zuwider gewesen, und ich erinnre mich noch, daß schon als
Kind in dem Hause meines Vaters mir eine große Harfenuhr, welche stündlich ihr
Stückchen abspielte, ein recht quälendes Mißbehagen erregte. Es ist schade, daß recht
geschickte Mechaniker ihre Kunst dieser widrigen Spielerei und nicht vielmehr der
Vervollkommnung der musikalischen Instrumente zuwenden.« »Das ist wahr,« erwiderte
Ludwig, »vorzüglich rücksichtlich der Tasteninstrumente wäre noch manches zu tun, denn
gerade diese öffnen dem geschickten Mechaniker ein weites Feld, und wirklich ist es zu
bewundern, wie weit z.B. der Flügel in seiner Struktur, die auf Ton und Behandlungsart
den entschiedensten Einfluß hat, vorgerückt ist.«
»Sollte es aber nicht die höhere musikalische Mechanik sein, welche die
eigentümlichsten Laute der Natur belauscht, welche die in den heterogensten Körpern
wohnende Töne erforscht und welche dann diese geheimnisvolle Musik in irgendein Organon
festzubannen strebt, das sich dem Willen des Menschen fügt und in seiner Berührung
erklingt. Alle Versuche, aus metallenen, gläsernen Zylindern, Glasfäden, Glas, ja
Marmorstreifen Töne zu ziehen oder Saiten auf ganz andere als die gewöhnliche Weise
vibrieren und ertönen zu lassen, scheinen mir daher im höchsten Grade beachtenswert, und
dem weitern Vorschreiten dieses Bestrebens in die tiefen akustischen Geheimnisse, wie sie
überall in der Natur verborgen, zu dringen, steht es nur im Wege, daß jeder mangelhafte
Versuch gleich der Ostentation oder des Geldgewinns wegen, als eine neue, schon zur
Vollkommenheit gediehene Erfindung angepriesen und vorgezeigt wird. Hierin liegt es,
daß in kurzer Zeit so viele neue Instrumente, zum Teil unter seltsamen oder prunkenden
Namen, entstanden und ebenso schnell wieder verschwunden und in Vergessenheit geraten
sind.« »Deine höhere musikalische Mechanik«, sagte Ferdinand, »ist allerdings sehr
interessant, wiewohl ich mir eigentlich nicht die Spitze oder das Ziel jener Bestrebungen
denken kann.«
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