Ein Eldorado für Schmetterlinge
Im Gegensatz zu den Fettwiesen im unteren Teufelsgraben (14
Kräuter- und Grasarten) zeichnen sich die Wiesen am Südhang
der Altenburg durch eine gewisse Nährstoffarmut aus. Das
führt aber, anders als man vielleicht erwarten würde,
nicht zu einer Minderung ihres ökologischen Wertes, sondern
- im Gegenteil - zu beträchtlicher Artenvielfalt (39 Kräuter-
und Grasarten). Während in Fettwiesen wenige konkurrenzstarke
Arten wie Löwenzahn oder Kerbel massenhaft
auftreten, sind magere Wiesen durch größeren Artenreichtum
und geringere Häufigkeit der einzelnen Arten gekennzeichnet.
Schon bei Station 5 des Lehrpfades wurde auf die Ursache hingewiesen:
nicht Überfluß, sondern der Mangel war und ist die
Triebfeder der Evolution. Gerade durch Knappheit an Ressourcen
war das Florenreich (und natürlich auch die Fauna) dazu angetrieben,
immer neue Formen hervorzubringen, um die knappen Güter bestmöglich
und immer differenzierter zu nutzen. Die meisten Arten sind an
Mangel daher besser angepaßt denn an den Überfluß
einer flächendeckenden Düngung.
Eine auffällige Charakterart der Magerwiesen ist der blauviolett
blühende Salbei, weshalb man sie auch nach ihm benennt.
Dem Salbei sind häufig Wilde Möhre, Margerite
und Glatthafer, ein hochwachsendes Gras, beigemischt. Ihre
dauerhafte Existenz verdanken Magerwiesen der Tatsache, daß
sie sich gewöhnlich in Hanglagen befinden, die für eine
Ackernutzung zu steil sind, weshalb Umbruch und Düngung unterbleiben.
Es wird dort üblicherweise nur ein- bis zweimal pro Jahr
gemäht oder es findet Beweidung durch Schafe statt. Der Südhang
der Altenburg wird von den Tieren des Schäfers König
aus Oberharnsbach beweidet, dem einzigen verbliebenen Vertreter
seiner Zunft im Stadtgebiet. Er läßt seine Schafe bis
zu drei Mal im Jahr in Triftweide über die Wiesen ziehen,
ohne sie dort zu pferchen. Dadurch bleibt garantiert, daß
nicht zu viel Nährstoff eingetragen und damit die Pflanzendecke
nicht auf wenige Arten vermindert wird. Inzwischen gibt es staatliche
Förderprogramme für diese Art von Landschaftspflege,
weil man ihren gesellschaftlichen und ökologischen Wert erkannt
hat.
Ähnlich wie in Wald und Hecke gibt es auch in der Salbeiwiese
sogenannte "Stockwerke", die von unterschiedlichen Tiergruppen
genutzt werden: im Subterrain (unterirdisch) leben Regenwürmer
und Mäuse, im Erdgeschoß (der Streu- und Bodenschicht)
Laufkäfer, Ameisen und Eidechsen, im ersten Stock
(der Blattregion) Heuschrecken, Zikaden und Spinnen,
und im zweiten Stock (der Blütenregion) Schmetterlinge,
Bienen und Schwebfliegen.
Gerade für Schmetterlinge sind Salbeiwiesen ein wahres Eldorado.
Von den 55 im Stadtgebiet vorkommenden Tagfalterarten leben allein
34 Arten auf den Salbeiwiesen am Südwesthang der Altenburg.
Darunter befinden sich auch europaweit gefährdete Arten,
wie der Schwarzblaue Ameisenbläuling, dessen Larven sich
im Spätstadium von Ameisen mästen lassen. Daneben spielen
die Wiesen durch ihre wärmebegünstigte Südlage
insbesondere für Reptilien eine stadtweit bedeutsame Rolle:
sie berherbergen eine der größten Zauneidechsen-Populationen
von Bamberg.
Die skizzierte Vielfalt der Salbeiwiesen an Lebensformen ist landesweit
gefährdet, selbst dort, wo - wie am Altenburghang - nicht
unmittelbar gedüngt wird. Denn über die ganz normale
Luft wird inzwischen soviel Stickstoff eingetragen, wie ein Bauer
in den fünfziger Jahren als Volldüngung auf seinen Feldern
ausgebracht hat, was zur schleichenden Veränderung der Böden
und ihres Pflanzenkleides führt. Der Artenschwund bei den
Blumen zieht natürlich sofort einen ebensolchen bei den Gilden
der abhängigen Tiere und ihrer Räuber nach sich. Ganze
Ökosysteme schrumpfen von ihrer Basis her. An diesem Beispiel
läßt sich besonders gut demonstrieren, daß Flächenschutz
zum Scheitern verurteilt ist, wenn nicht zugleich die Ressourcen
Boden, Wasser und Luft gereinigt und sauber gehalten werden. Das
schönste Naturschutzgebiet nützt nichts, wenn es unter
einer Flut von Schadstoffen erstickt.
Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg (12.Station): Salbeiwiesen
am Südhang der Altenburg