Wiesen prägen Kulturlandschaft
Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg (5.Station): Wiesen
Wiesen sind prägende Bestandteile unserer Kulturlandschaft.
Insbesondere in den von Überschwemmung bedrohten Talauen
und in steilen Hanglagen, wo Auswaschung droht, wenn geackert
wird, sind sie die Wirtschaftsform der ersten Wahl. Typisch für
Grünland sind mehrjährige Pflanzen, die Wurzelspeicher
besitzen und nach dem Winter und jedem Schnitt neu austreiben
können. Alternativ zur Mahd findet häufig auch Beweidung
statt. Auf der abgebildeten Wiese tummelt sich im Sommer und im
Herbst eine Schafherde.
Im Berggebiet mit seiner Engräumigkeit, seinen starken Gefällen
und seinen mitunter bachführenden Kerbtälern hat die
Grünlandwirtschaft lange Tradition. Während zur Stadt
hin, im unteren Hangbereich, eher Fettwiesen dominieren,
finden sich in höherer Lage, vor allem um den Altenburger
Wald herum, sogenannte Magerwiesen, die bei einer späteren
Station (12) besprochen werden.
Die Bezeichnung Fettwiese rührt von der Qualität
des Bodens her: er ist reich an Nährstoffen für Pflanzen,
vor allem Stickstoff, und sorgt daher für kräftiges
Wachstum der Gräser und Kräuter. Typische Gewächse
der Fettwiesen sind Löwenzahn, Hahnenfuß, Kerbel
und Schaumkraut. Sie gedeihen vor allem da, wo der Mensch
durch Düngung die natürliche Trächtigkeit des Bodens
fördert.
Intensive Grünlandwirtschaft steigert zwar die Futter- und
Heuerträge, aber je häufiger gedüngt und je früher
gemäht wird, umso artenärmer ist die Wiesenflora - ein
Paradoxon der Ökologie, das darauf hinweist, daß im
Lauf der Evolution vorherrschender Zustand der Mangel an Ressourcen
war und nicht ihr Überfluß. Die Bildung der meisten
Pflanzenarten erfolgte unter der Bedingung knapper Ressourcen,
von der erst in diesem Jahrhundert einsetzenden, flächendeckenden
Düngerflut profitieren nur wenige Arten. So hat sich der
Anteil der Kräuter an der Wiesenflora von 30% auf unter 10%
reduziert, der Gräseranteil, der für Blüteninsekten
aber nicht nutzbar ist, sich entsprechend erhöht. Kommen
auf einer Magerwiese etwa 200 verschiedene Pflanzenarten vor,
so sind es auf der gut genährten Fettwiese im Schnitt nur
noch 20 - Wiese ist folglich nicht gleich Wiese.
Neben dem Artenverlust führt die Überdüngung der
Wiesen (und Äcker) zur Überdüngung "nachgeschalteter"
Ökosysteme: des Grundwassers und der Bäche, der Flüsse
und Meere. Qualitätsein-bußen beim Trinkwasser, Fischesterben,
Algenpest u.a. sind die auch volkswirtschaftlich beträchtlichen
Schäden.
Deutschland besteht zu 10% aus Wiesen. Im Landkreis Bamberg ist
der Grünlandanteil ähnlich hoch, die Stadt aber bringt
es, bedingt durch die hohe Nutzungsdichte, auf nur 5% "Dauergrünland",
wie Wiesen heute heißen. Die Tendenz ist überall rückläufig,
da die ursprünglich mit der Wiesennutzung verbundene Viehwirtschaft
abnimmt und Ackernutzung (Getreide, Mais, Raps) zur Zeit rentabler
ist. Der Umbruch zu Ackerland verschärft die oben genannten
Probleme, da er den Boden noch durchlässiger macht.
Im Bereich des Teufelsgrabens und auch in den anderen Kerbtälern
des Berggebietes hat sich die Wiesennutzung, ob als Fettwiese
oder als Magerwiese, glücklicherweise bis heute gehalten.
So kann der Spaziergänger das ganze Jahr über die Wiese
in all ihren Aspekten erleben: vom satten Gelb des Löwenzahns
ab Mitte April und dem bald folgenden fedrigen Spiel seiner Fruchtstände,
über das flächige, feingliedrige Weiß des Kerbels
bis zur Sommerblüte auf den mageren Hangwiesen, die sich
mit den Astern bis in den Herbst hineinzieht. Woran ließe
sich sinnenhafter der Fluß der Zeit ablesen?
Wer einen Garten besitzt, kann sich dieses Erlebnis direkt vor
die Haustür holen. Vor allem in seinen wenig genutzten Bereichen
kann man getrost auf Düngung verzichten und nur noch einmal
im Jahr mähen. Das spart Zeit, Energie und Geld. Und zum
nächsten Blumenstrauß sind es dann nur noch ein paar
Schritte.