Ein Spaziergang auf dem Stadtökologischen Lehrpfad Bamberg in 12 Folgen

Etwa die Hälfte der Einwohner der BRD lebt in Städten, obwohl diese nur 7% der gesamten Landesfläche einnehmen. Deutschland ist damit eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Welt. Unter diesen demographischen Bedingungen stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Städte überhaupt noch dazu geeignet sind, Tieren und Pflanzen Lebensraum zu bieten, oder ob Natur nicht viel eher nur noch draußen vor den "Toren" der Stadt ihren Platz hat: Kultur drinnen, Natur draußen.

Bei der 2.Stadtbiotopkartierung, die in allen 25 bayerischen Städten durchgeführt und in Bamberg 1989 abgeschlossen wurde, zeigte sich erstaunlicherweise, daß gerade der Siedlungsraum durch seine kleinräumige Vielfalt eine beträchtliche Zahl von Biotopen aufweist. Es wurden in Bamberg insgesamt 191 Biotope kartiert, die immerhin fast 11% der Stadtfläche einnehmen. Damit liegt Bamberg etwa im bayerischen Mittelfeld (Augsburg 8,5%, Würzburg 18%).

Die Städte, so fanden die Kartierer, sind aufgrund ihres besonderen Klimas (Wärmeinseln) und ihren "Kunstfelscharakter" überraschend attraktive Lebensräume für Flora und Fauna. Gerade mediterrane Arten und Arten der südosteuropäischen Steppen, die Trockenheit und Wärme gewohnt sind, finden sich in den Städten ein. Spezies wie die Nachtkerze oder der Natternkopf wandern hauptsächlich auf den traditionellen Handelswegen zu. Daher entdeckten die Ökologen vor allem in Häfen und Bahnhöfen bei uns seltene Pflanzen. Ihr Fazit: Natur in der Stadt - unbedingt schützenswert!

Aus den Ergebnissen der Biotopkartierung wurde deeshalb in den letzten beiden Jahren vom Umweltamt ein "Stadtökologischer Lehrpfad" entwickelt, auf dem einige städtische Biotoptypen mit ihren auffallendsten Pflanzen und Tieren erläutert sind. Der Pfad führt vom Michelsberg (285m) zur Altenburg (385m) hinauf, im wesentlichen durch das Berggebiet, das einen der ökologisch wertvollsten Landschaftsbereiche von Bamberg darstellt und mit 30% aller Biotope (auf 1/7 der Stadtfläche) die höchste Biotopdichte aufweist. Im Bereich des Pfades sind etwa 300 verschiedene Pflanzenarten zu finden. Viele sind typische "Stadtpflanzen", die eben aus südlichen Gefilden eingewandert sind und sich in der Stadt halten können, weil sie wärmer und nährstoffreicher als das Umland ist. Auch auf Vertreter einiger Tiergruppen wird hingewiesen, insbesondere Vögel und Schmetterlinge, die sich zur rechten Jahreszeit mit ein wenig Glück auch beobachten lassen. Die reine Gehzeit entlang der 10 Stationen beträgt etwa 50 Minuten. Wer ein wenig mehr Zeit hat, findet 2 weitere Stationen am Südhang der Burg.

Der FT wird in den nächsten Wochen in einer 12-teiligen Serie den Stadtökologischen Lehrpfad Bamberg im Detail vorstellen. Dr.Jürgen Gerdes, Naturschutzbeauftragter der Stadt Bamberg und im Umweltamt tätig, beschreibt in bebilderten Kurzporträts die einzelnen Stationen des Lehrpfades und weist auf ökologische Besonderheiten hin. Die Folgen der Serie sind in sich geschlossen und behandeln jeweils einen Biotoptyp. Wer den Lehrpfad noch nicht "entdeckt" hat, kann die Serie zur Vorbereitung auf eigene Stadtwanderungen nutzen, um die "Naturschätze vor der Haustür" alsbald kennenzulernen. Weitergehende Informationen liefert eine farbig bebilderte Broschüre "Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg", die im Umweltamt, im Fremdenverkehrsamt und im Buchhandel für 5DM erhältlich ist.

Der Lehrpfad ist ohne großen Anfahrtsweg, zu Fuß, mit Fahrrad oder Bus erreichbar, und lädt zum Verweilen, zu herrlichen Ausblicken auf Bamberg und zur Meditation über städtische Natur ein.

Das auf Schautafeln vermittelte Wissen und die darüber hinausgehenden Ausführungen der Kurzporträts fordern dazu heraus, das eigene Verhältnis zur Natur zu überdenken und vielleicht auch im persönlichen Gestaltungsbereich der Natur mehr Platz zu geben.

Der amerikanische Romanciers Robert Pirsig hat diese Intention in seinem Roman LILA so eingeschätzt: "Denn die Tätigkeit, die moralisch am höchsten zu bewerten ist, besteht darin, einen Raum zu schaffen, in dem das Leben sich frei entfalten kann."