Natur wieder in die Stadt bitten
Die Absicht der Serie war es aufzuzeigen, wie vielgestaltig und
artenreich Natur in der Stadt sein kann, welche oft erstaunlichen,
auf den ersten Blick kaum erkennbaren Zusammenhänge in ihr
bestehen, und wie sehr sie es wert ist, beachtet zu werden: nicht
nur weil sie uns nützt, sondern weil erst mit ihr die Kultur
der Stadt ihre Vitalität und Schönheit voll entfaltet.
Gerade die enge Verzahnung von unverbrauchter Natur und altehrwürdiger
Kultur schafft die besondere Lebensqualität Bambergs.
Nicht zuletzt sollten die Beiträge auch Appetit machen, die
Natur vor der Haustür, die aus mancherlei Gründen unbeachtet
geblieben sein mag, einmal neu zu erkunden.
Sicherlich ist die Route des Lehrpfades günstig gewählt.
Nicht überall in der Stadt treten Biotope und ihre Bewohner
in solcher Dichte und Fülle wie im Berggebiet auf, wo auf
1/7 der Stadtfläche ein Drittel aller Bamberger Biotope liegen.
Dem sich mehr und mehr durch Wohnbebauung verdichtende Inselgebiet
wird in Zukunft nicht mehr als der Hain bleiben, östlich
des Kanals bis zum Berliner Ring existieren nur noch kleine Biotopfragemente.
Besser wird es wieder jenseits des Ringes mit dem ökologisch
hochwertigen Flugplatz Kramersfeld (mit 410 Pflanzenarten der
mit Abstand artenreichste der 18 oberfränkischen Flugplätze),
mit Hauptsmoorwald und Volkspark und dem ebenfalls für den
Naturschutz überregional bedeutsamen Muna-Gelände.
Daß sowohl der Westen als auch der Osten des Stadtgebietes
noch recht naturnah gestaltet sind, ist eine gute Voraussetzung
dafür, auch das Gebiet zwischen Berliner Ring und linkem
Regnitzarm vom Rand her neu zu beleben. Dahin zielt der eben erst
vom Stadrat verabschiedete Landschaftsplan, der den Naturschutz
und die im Fachjargon etwas fleischlos betitelte "Grünordnung"
regelt. Durch eine Art grüner Infrastruktur, einem sogenannten
Biotopverbund-system, soll ein Netz naturnaher Lebensräume
entstehen. Die bereits vorhandenen 191 kartierten Biotope sind
eine Art "Zellen der Wildnis", von denen ausgehend der
versteinerte Organismus des Stadtzentrums erfrischt und erneuert
werden soll. Dazu gilt es jedes Potential zu mehr Natur auszunützen:
Dächer und Fassaden begrünen, Gärten naturnah bewirtschaften,
Straßen- und Wegränder mit heimischen Gehölzen
bepflanzen, öffentliche Grünflächen weniger pflegen
....
Jeder Ort, dessen muß man sich bewußt sein, ist ein
mögliches Biotop. Sobald man dem Leben Raum gibt, nimmt es
ihn ein. Es ist aus ökologischer Sicht nicht sinnvoll, isolierte
Biotope als Refugien einer gehetzten Pflanzen- und Tierwelt auszuweisen
und auf der übrigen Fläche umso erbarmungsloser gegen
die Natur zu wüten. Ebenso wie in der Flur muß Naturschutz
auch in der Stadt in die Fläche gehen. Sonst bleiben die
noch bestehenden Biotope stets instabile und gefährdete Inseln
in einem Meer von Lebensfeindlichkeit.
Der Hinweis auf den Landkreis, der doch weit mehr Fläche
für Naturschutz zur Verfügung habe, entbindet nicht
davon, diesen auch als städtische Aufgabe zu betrachten.
Das zeigt schon die Tatsache, daß im Landkreis Bamberg nur
1.6% der Fläche als Biotop kartiert sind, folglich nicht
einmal ein Fünfzigstel des Landkreises außerhalb der
Wälder als naturnah bezeichnet werden kann. Ein anderer Grund,
Natur in der Stadt zu schützen, ist die Tatsache, daß
schon die Hälfte der Deutschen (mit steigender Tendenz) in
Städten leben, daß also gerade dort sich entscheiden
muß, mit welchem Bewußtsein die Menschen Natur zukünftig
behandeln werden. Nur von den Städten, den ressourcenzehrenden
Zentren unserer Kultur - und von nirgendwo anders - kann die ökologische
Wende ausgehen. Auf der Umweltkonferenz in Rio 1992 hat man das
unzweideutig erkannt und in der AGENDA 21 (dort im Art.
28) festgeschrieben. Sie weist den Kommunen weltweit eine besondere
Verantwortung für den Natur- und Umweltschutz, für eine
"nachhaltige umweltverträgliche Entwicklung" zu.
Nach all den Jahrhunderten, da es galt, eine übermächtig
scheinende Natur aus den Städten hinauszudrängen, ist
jetzt die Zeit gekommen, sie wieder hereinzubitten, ihr Räume
zu schaffen, ihr Entwicklungsmöglichkeiten vor der Haustür
zu bieten, weil man erkannt hat, daß man ohne Natur auf
Dauer nicht gesund, nicht mit Zuversicht und Hoffnung leben -
überleben kann. Niemand möchte, daß Bert Brecht
mit seiner Prophezeiung Recht behält: "Von den Städten
wird bleiben: der durch sie hindurchging, der Wind.
Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg: Schlußwort und Ausblick
Über alle 12 Stationen des Stadtökologischen Lehrpfades
Bamberg, der 1993 eröffnet wurde und vom Kloster St.Michael
über Sutte, Teufelsgraben und Rübezahlweg zur Altenburg
hinaufführt, erstreckte sich die nunmehr zuende gehende Artikelserie
"Natur in der Stadt". In jeder Folge wurde in bebilderten
Kurzporträts ein Biotoptyp beschrieben, wie er im Verlauf
des Pfades vorkommt und durch eine Tafel am jeweiligen Standort
gekennzeichnet ist: Pflasterfugenvegetation vor der Michaelskirche,
Bäume in der Stadt, Ruderalflur am Teufelsgraben, Hecken
entlang des Weges, Fettwiesen, der Wald um die Altenburg usw.