Natur wieder in die Stadt bitten
Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg: Schlußwort und Ausblick

Über alle 12 Stationen des Stadtökologischen Lehrpfades Bamberg, der 1993 eröffnet wurde und vom Kloster St.Michael über Sutte, Teufelsgraben und Rübezahlweg zur Altenburg hinaufführt, erstreckte sich die nunmehr zuende gehende Artikelserie "Natur in der Stadt". In jeder Folge wurde in bebilderten Kurzporträts ein Biotoptyp beschrieben, wie er im Verlauf des Pfades vorkommt und durch eine Tafel am jeweiligen Standort gekennzeichnet ist: Pflasterfugenvegetation vor der Michaelskirche, Bäume in der Stadt, Ruderalflur am Teufelsgraben, Hecken entlang des Weges, Fettwiesen, der Wald um die Altenburg usw.

Die Absicht der Serie war es aufzuzeigen, wie vielgestaltig und artenreich Natur in der Stadt sein kann, welche oft erstaunlichen, auf den ersten Blick kaum erkennbaren Zusammenhänge in ihr bestehen, und wie sehr sie es wert ist, beachtet zu werden: nicht nur weil sie uns nützt, sondern weil erst mit ihr die Kultur der Stadt ihre Vitalität und Schönheit voll entfaltet. Gerade die enge Verzahnung von unverbrauchter Natur und altehrwürdiger Kultur schafft die besondere Lebensqualität Bambergs.

Nicht zuletzt sollten die Beiträge auch Appetit machen, die Natur vor der Haustür, die aus mancherlei Gründen unbeachtet geblieben sein mag, einmal neu zu erkunden.

Sicherlich ist die Route des Lehrpfades günstig gewählt. Nicht überall in der Stadt treten Biotope und ihre Bewohner in solcher Dichte und Fülle wie im Berggebiet auf, wo auf 1/7 der Stadtfläche ein Drittel aller Bamberger Biotope liegen. Dem sich mehr und mehr durch Wohnbebauung verdichtende Inselgebiet wird in Zukunft nicht mehr als der Hain bleiben, östlich des Kanals bis zum Berliner Ring existieren nur noch kleine Biotopfragemente. Besser wird es wieder jenseits des Ringes mit dem ökologisch hochwertigen Flugplatz Kramersfeld (mit 410 Pflanzenarten der mit Abstand artenreichste der 18 oberfränkischen Flugplätze), mit Hauptsmoorwald und Volkspark und dem ebenfalls für den Naturschutz überregional bedeutsamen Muna-Gelände.

Daß sowohl der Westen als auch der Osten des Stadtgebietes noch recht naturnah gestaltet sind, ist eine gute Voraussetzung dafür, auch das Gebiet zwischen Berliner Ring und linkem Regnitzarm vom Rand her neu zu beleben. Dahin zielt der eben erst vom Stadrat verabschiedete Landschaftsplan, der den Naturschutz und die im Fachjargon etwas fleischlos betitelte "Grünordnung" regelt. Durch eine Art grüner Infrastruktur, einem sogenannten Biotopverbund-system, soll ein Netz naturnaher Lebensräume entstehen. Die bereits vorhandenen 191 kartierten Biotope sind eine Art "Zellen der Wildnis", von denen ausgehend der versteinerte Organismus des Stadtzentrums erfrischt und erneuert werden soll. Dazu gilt es jedes Potential zu mehr Natur auszunützen: Dächer und Fassaden begrünen, Gärten naturnah bewirtschaften, Straßen- und Wegränder mit heimischen Gehölzen bepflanzen, öffentliche Grünflächen weniger pflegen ....

Jeder Ort, dessen muß man sich bewußt sein, ist ein mögliches Biotop. Sobald man dem Leben Raum gibt, nimmt es ihn ein. Es ist aus ökologischer Sicht nicht sinnvoll, isolierte Biotope als Refugien einer gehetzten Pflanzen- und Tierwelt auszuweisen und auf der übrigen Fläche umso erbarmungsloser gegen die Natur zu wüten. Ebenso wie in der Flur muß Naturschutz auch in der Stadt in die Fläche gehen. Sonst bleiben die noch bestehenden Biotope stets instabile und gefährdete Inseln in einem Meer von Lebensfeindlichkeit.

Der Hinweis auf den Landkreis, der doch weit mehr Fläche für Naturschutz zur Verfügung habe, entbindet nicht davon, diesen auch als städtische Aufgabe zu betrachten. Das zeigt schon die Tatsache, daß im Landkreis Bamberg nur 1.6% der Fläche als Biotop kartiert sind, folglich nicht einmal ein Fünfzigstel des Landkreises außerhalb der Wälder als naturnah bezeichnet werden kann. Ein anderer Grund, Natur in der Stadt zu schützen, ist die Tatsache, daß schon die Hälfte der Deutschen (mit steigender Tendenz) in Städten leben, daß also gerade dort sich entscheiden muß, mit welchem Bewußtsein die Menschen Natur zukünftig behandeln werden. Nur von den Städten, den ressourcenzehrenden Zentren unserer Kultur - und von nirgendwo anders - kann die ökologische Wende ausgehen. Auf der Umweltkonferenz in Rio 1992 hat man das unzweideutig erkannt und in der AGENDA 21 (dort im Art. 28) festgeschrieben. Sie weist den Kommunen weltweit eine besondere Verantwortung für den Natur- und Umweltschutz, für eine "nachhaltige umweltverträgliche Entwicklung" zu.

Nach all den Jahrhunderten, da es galt, eine übermächtig scheinende Natur aus den Städten hinauszudrängen, ist jetzt die Zeit gekommen, sie wieder hereinzubitten, ihr Räume zu schaffen, ihr Entwicklungsmöglichkeiten vor der Haustür zu bieten, weil man erkannt hat, daß man ohne Natur auf Dauer nicht gesund, nicht mit Zuversicht und Hoffnung leben - überleben kann. Niemand möchte, daß Bert Brecht mit seiner Prophezeiung Recht behält: "Von den Städten wird bleiben: der durch sie hindurchging, der Wind.