Winterlinde am Jakobsplatz
Wußten Sie, daß die Blattoberfläche einer 100jährigen Buche der Fläche von 14 Fußballfeldern entspricht, daß diese Buche pro Tag Sauerstoff für 10 Bamberger produziert und 500 Liter Wasser verdunstet, daß 2700 Jungbäume gepflanzt werden müßten, um das Kronenvolumen eines solchen Altbaumes zu ersetzen? Alte Bäume sind Individuen. Sie haben Ereignisse überlebt, die wir nur aus Chroniken kennen. In ihren Jahresringen ist die Geschichte von Jahrhunderten gespeichert. Fachleute können daraus das Klima der Vergangenheit ablesen.
In der Stadt fallen Baumgestalten naturgemäß stärker in das Auge als im Waldverband. Man denke an die Ulmen des Markusplatzes, die Platane im Garten des Weihbischofes (250 Jahre), die Schwarznuß im Innenhof der Theologischen Fakultät. Die Winterlinde neben der Jakobskirche ist zwar nicht ganz so mächtig, zusammen mit den anderen 4000 Straßenbäumen und den vielen Gehölzen auf Privatgrund trägt sie aber nicht minder zur Verbesserung des Stadtklimas bei: sie spendet Schatten, feuchtet die Luft an und kühlt sie, filtert Staub (bis zu 1 Tonne pro Jahr!) und UV-Licht, produziert Sauerstoff, bindet Kohlendioxid und hält Regenwasser im Oberboden fest. Zudem ist sie Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren.
Die unsichtbaren Leistungen der Bäume sind in der Stadt, wo durch Abgase und Versiegelung ein widernatürliches Mikroklima herrscht, für die Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung überaus wichtig. Es ist bekannt, daß durch mangelnde Taubildung und daher fehlende Auswaschung der Luft die Pollendichte in der Stadt oft höher ist als im Umland und daß durch Anlagerung von Schadstoffen an Pollen diese aggressiv werden und Allergien auslösen können. Bäume wirken dem durch Transpiration und Filterung entgegen. Sie reinigen die Stadtluft.
Freilich sind sie selbst den Widrigkeiten des Stadtklimas und dem immensen Nutzungsdruck ausgesetzt und in beständiger Gefahr zu kränkeln: zu enge Pflanzscheiben, Bodenverdichtung, Wassermangel, ätzendes Salz und andere Schadstoffe aus Luft (Ozon) und Boden (Gas) machen dem Baum das Leben in der Stadt nicht gerade leicht. Insbesondere empfindliche Arten wie Linde, Ahorn und Kastanie leiden darunter. Gehölze, die zu Beginn des Jahrhunderts gepflanzt wurden und zunächst prächtig gediehen, wie z.B. die Winterlinden am Heinrichsdamm oder Kastanien am Wilhelmsplatz, sind heute, in Zeiten massiver Automobilität, fehl am Platze. Sie müssen nach und nach durch abgasfeste Arten wie z.B. Platanen ersetzt werden.
Wer Stadtbäumen helfen will, ihre Vitalität zu erhalten, sollte, wannimmer möglich, das Auto stehen lassen und den Bus benutzen. Auch sollte man, bevor man sich über fallende Blätter und Früchte erregt, die vielen Wohltaten bedenken, die Bäume in der Stadt leisten. Die Baumschutzverordnung, die im Stadtgebiet seit 1993 gilt und Bäume mit mehr als 60cm Umfang in Meterhöhe schützt, hat hierbei schon einiges an Positivem bewirkt. In Gesprächen mit Mitarbeitern von Garten- und Umweltamt konnte mancher Baum"besitzer" überzeugt werden, von einer geplanten Fällaktion abzusehen.
Dort bemüht man sich auch um die notwendige Erweiterung der Baumscheiben, die mindestens so groß wie ein PKW-Stellplatz sein sollten (besser zwei). Es ist gewiß kein Luxus, sich solches zu leisten, sondern vernünftige Zukunftsvorsorge: damit die Stadt auch im nächsten Jahrtausend ein grünender, lebendiger Ort bleibt statt zur baumlosen Steinwüste zu degenerieren.