Hecken gliedern die Landschaft
Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg (11.Station): Hecken am Südhang der Altenburg

Anders als am Nordhang der Altenburg setzen sich die Hecken in Richtung Wildensorg aus Arten zusammen, die Hitze und Trockenheit vertragen. Dazu gehören insbesondere Schlehe, Weißdorn und die Hagebutte (fränkisch: Hiffe). Es sind allesamt Arten, die viel Licht für ihr Wachstum benötigen und sich zum großen Teil mit Stacheln gegen Blattfraß schützen. Jeder der die blauen Schlehenfrüchte, die zierlichen Weißdornblüten oder die leuchtend roten Hagebutten einmal gepflückt hat, wird das am eigenen Leib verspürt haben.

Die Begehrtheit der Heckenfrüchte bei Mensch und Tier ist in ihrem hohen Nährstoffgehalt begründet, was wiederum von der starken Sonneneinstrahlung am Südhang herrührt. Man nennt die Hagebutte aufgrund ihrer Vitamine die "Orange des Nordens", und auch das Fruchtfleisch von Schlehe und Weißdorn ist schmackhaft und gesund.

Wenn man von der Altenburger Straße her kommend, gleich unterhalb der Burg, den Weinbergweg hinabgeht, spaziert man an zahlreichen Hecken vorüber, welche bei der Station 11 des stadtökologischen Lehrpfades beginnen und aus den genannten Arten bestehen. Man kann sie dort, gerade in der bevorstehenden Jahreszeit, ausgiebig studieren und die Wildfrüchte für Schlehensaft (nach dem ersten Frost, durch den sie erst süß werden) oder Hiffenmark sammeln. Naturschutz darf keinesfalls zur bloß abstrakten, ideologischen Tätigkeit degenerieren, sondern muß buchstäblich durch den Magen gehen. Naturprodukte schmecken köstlich und heilen: es gibt kaum ein besseres natürliches Herz-Kreislauf-Mittel als regelmäßige Teeaufgüsse aus Blättern und Blüten des Weißdorns. Zu recht wurden Hecken im Mittelalter, das gar nicht so dunkel war, wie oft behauptet, als "Medizinschränke der Natur" hochgeschätzt.

Hecken liefern aber nicht nur Nahrung und Heilstoffe, sondern sind auch Lebensraum für ein breites Artenspektrum. In und von Gehölzen und Hecken leben insgesamt 7.000-10.000 Tiere. In einer natürlich gereiften, dichten und aus verschiedenen Strauch- und Baumarten zusammengesetzte Hecke können sich über 1.500 Arten ansiedeln. Allen anderslautenden Vorurteilen zum Trotz ist mittlerweile erwiesen, daß Hecken keine Ausbreitungsherde für Unkräuter und Schädlinge darstellen, sondern im Gegenteil ein großes Potential an Nützlingen beherbergen.

Hecken bieten Lebensraum für die Hälfte aller einheimischen Säugetiere, für sämtliche Reptilien, für ein Drittel aller heimischen Amphibien, für ein Fünftel der heimischen Singvögel sowie für unzählige Insekten, Bodentiere und Kleinlebewesen. In ihrem Schutz halten sich Erdkröten, Igel, Rebhuhn oder Hermelin auf, sie dienen als Sitzplatz für Luft und Bodenjäger wie Eulen, Neuntöter oder Bussard, und einige Insektenarten machen in ihrem Laub und Geäst die Larvalentwicklung durch. Haselmaus, Zauneidechsen und Schnecken nutzen Hecken als Überwinterungsort.

Studien der Universität Bayreuth ergaben, daß Hecken über den ökologischen Nutzen hinaus für Wachstum und Ertrag der Feldfrüchte insgesamt günstige Bedingungen schaffen. Sie wirken sich positiv auf das Kleinklima aus, indem sie den Wind bremsen, Tau bilden, die Verdunstung mindern und ausgleichend auf die Temperatur wirken. Damit schützen sie den Boden vor Austrocknung und Erosion. Auf Feldern wurden 10-300 m hinter Hecken bis zu 20%ige Ertragssteigerungen festgestellt, wodurch Nachteile infolge Beschattung und Wurzelkonkurrenz mehr als ausgeglichen werden. Diese neueren Erkenntnisse machen sich die Direktionen für Ländliche Enwicklung inzwischen zunutze, um die entleerten Landschaften wieder mit einem Netz aus heimischen Gehölzen zu überziehen.

Am Südhang der Altenburg, entlang des Weinbergweges, der einen Bogen zurück zur Altenburger Straße macht, ist das nicht nötig. Hier hat sich eine Heckenlandschaft erhalten, die Vorbild sein kann für die Renaturierung ausgeräumter Landschaften anderswo. Stattdessen muß dort darauf geachtet werden, daß die Eigenart des Gebietes durch Aufgabe der Nutzung nicht verloren geht und die Hänge zuwachsen. Eine flächendeckende Bewaldung würde zwar den Altenburger Wald erweitern, aber den Gesamt-Lebensraum zugleich vereinheitlichen. Die Vielfalt der Arten würde darunter leiden.