Hecken - Waldränder ohne Wald
Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg (4.Station): Wegbegleitende Hecken

Hecken sind Gebilde von Menschenhand. Wie viele andere Lebensräume sind sie Ergebnis der nacheiszeitlichen Kultivierung der Land-schaft. Hecken entstanden in der Flur zur Besitzabgrenzung, als Viehzäune und als Rohstoffreservoir (Nutzholz, Heilkräuter, Wildfrüchte) - oft dort, wo die Bauern am Rande ihrer Felder Steine ablegten. Mitunter dienten sie auch als phänologischer Kalender: wenn die Schlehe blühte, galt es Rüben auszusäen.

Hecken setzen sich aus Gehölzarten zusammen, die ursprünglich an Grenzstandorten des Urwaldes stockten, etwa Lichtungen, die von Großtierherden (Waldpferd, Auerochse) oder Stürmen gerissen worden waren. Daher sind für Hecken robuste Gehölze charakteristisch, welche direkte Sonneneinstrahlung vertragen, keine hohen Ansprüche an die Wasserversorgung stellen und schnittverträglich sind.

Auf dem Weg zur Altenburg lassen sich, je nach Standort und Boden, die unterschiedlichsten Heckentypen beobachten. Im Umfeld der Station 4, an der Kurve im Teufelsgraben, herrschen Roter Hartriegel, Haselnuß, Feldahorn und Hainbuche vor, es mischen sich gelegentlich auch Bergulme und Traubenkirsche darunter. Solche artenreichen Hecken durchziehen, vor allem entlang der Wege, das gesamte Berggebiet und die Altenburghänge. Daher darf Station 4 nicht allzu stationär betrachtet werden - sie erstreckt sich entlang des gesamten Pfades und geht in den Altenburger Wald und am Gegenhang in den Michaelsberger Wald über. Da sich Hecken aus Gehölzen des Waldrandes bilden und von dort aus in die freie Landschaft ausgreifen, nennt man sie auch "Finger des Waldes" oder "Waldränder ohne Wald"; denn anders als der Waldrand liegen Hecken nicht im Schatten von Bäumen und grenzen "doppelt" an die offene Flur, so daß sich in ihrem Bereich ein eigenes Mikroklima entwickelt.

Ökologen nennen Hecken Korridore, wenn sie von ihnen als Bestandteil eines Biotopverbundsystemes sprechen. Das bezieht sich auf ihre Funktion als Ausbreitungslinien für im Wald und an seinem Rand lebende Tierarten, die sich kaum in die offene Flur hinauswagen, wie z.B. Spitzmäuse, Igel, Wiesel, Rebhuhn, Laufkäfer. Diese Tiere entfernen sich vom Waldrand in der Regel nicht weiter als 200-400 Meter. Daher sind sie auf Hecken angewiesen, entlang derer sie wandern und von wo aus die Jungtiere neue Lebensräume besiedeln können. Aus ökologischer Sicht ist ein Heckennetz optimal, dessen Maschenweite nicht größer als 400 Meter ist und das Wald und Wald miteinander verbindet. Diese Bedingungen gelten nahezu für das gesamte Berggebiet, so daß man in dieser Hinsicht mit Recht von einer Ideallandschaft sprechen kann, zumal die Flächen zwischen den Heckenzügen ebenfalls naturnah, als Wiese oder Weide, bewirtschaftet werden.

In der Stadt sind Hecken oft als lebende Zäune, dh. als regelmäßig beschnittene Gebüsche an der Grundstücksgrenze gestaltet. Dabei macht man sich ihre Fähigkeit zunutze, aus den Stöcken, dh. aus den Stämmen, die alle paar Jahre knapp über dem Boden gekappt werden, erneut auszutreiben. Diese Regenerations-kraft besitzen zahlreiche Laubbäume. Es ist daher vorteilhaft, daß neben Hainbuche und Liguster, die oft als Monokulturen gepflanzt werden, auch andere Arten (s. o.) bei der Heckengestaltung einfließen. Dann entwickelt sich ein abwechslungsreiches Blühgeschehen und folgen zahlreiche tierische Nutzer nach.

So fanden Bayreuther Biologen zwischen 1977 und 1981 an oberfränkischen Hecken auf 17km Länge 68 Vogelarten, die dort brüteten oder Nahrung fanden. Untersuchungen an Hecken in England (1967) ergaben auf 900 laufenden Heckenmetern 45 Vogelpaare aus 19 Arten - Ergebnisse, die für sich sprechen und belegen, wie wichtig der Erhalt von Hecken in der freien Landschaft und als lebende Zäune in der Stadt ist. Am optimalsten entwickeln sich Hecken, wenn sie ausschließlich aus heimischen Arten bestehen (die Haselnuß wird von 10 Vogelarten als Nahrungsquelle genutzt, die importierte Baumhasel nur von 3), mindestens 4 Meter breit sind und vorgelagerte Kräutersäume haben. Aber auch eine schmalere Hecke ist allemal besser als ein noch so grüner Maschendrahtzaun.