Nischen für Tiere und Pflanzen
Stadtökologischer Lehrpfad Bamberg (7.Station): Kleingärten im Teufelsgraben

Kaum ein Gebiet in Bamberg kann mit einer ähnlichen Fülle und Vielfalt an Gärten aufwarten wie das Areal zwischen Rübezahlweg und Rinnersteig. Zu beiden Seiten des Teufelsgrabens ziehen sich Nutzgärten, Ziergärten und Obstgärten den Altenburghang hinauf. Das Nebeneinander von Blumenrabatten, die vom Frühjahr bis in den Herbst in Blüte stehen, von gut bestellten Gemüsebeeten und von idyllisch verwilderten Obstwiesen mit reichlich Unterwuchs schafft eine enorme Nischenvielfalt für pflanzliches und tierisches Leben. Vor allem in den Obstgärten, deren Nutzung nach und nach aufgegeben wurde und die über die Jahre eingewachsen sind, hat sich eine bemerkenswerte Vogelwelt eingenistet. Insgesamt 18 Arten brüten rund um das Kerbtal des Teufelsgrabens, unter anderen Singdrossel und Rotkehlchen, Buntspecht und der sonnengelbe Pirol, der kaum einmal sichtbar ist, weil er hoch oben in den Baumkronen wohnt. Ihre Nahrung - Insekten und andere Wirbellose wie Schnecken oder Asseln - finden sie an den Obstbäumen und im offenen Gartenland. Weit schonender als jede "chemische Keule" vernichten die Vögel Schädlinge an Gehölzen, Gemüse und Blumen. Derartige Nützlinge sind übrigens auch weniger auffällige Organismen: Ohrwürmer, Marienkäfer und Florfliegen. Eine Florfliegenlarve frißt bis zu ihrer Verpuppung etwa 400 Blattläuse, die erwachsene Florfliege - ein grünliches, faltergroßes Insekt mit durchsichtigen Flügeln, das man im Winter zuweilen auf dem Dachboden in Kältestarre beobachten kann - bis zu 3000 Stück.

Jahr für Jahr freuen wir uns über den Zyklus der Natur, ohne auch nur eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, welche diffizilen Verkettungen und Kreisläufe dafür sorgen, daß jede Art in eine dem Ganzen zuträglichen Populationsstärke verwiesen bleibt. Sicherlich gibt es vereinzelte "Ausreißer", Massenvermehrungen, wie man sie bei Kaninchen, Schwammspinner oder Blattläusen beobachten kann, aber sie sind eher die Ausnahme und dauern selten länger als einen Sommer. Man kann nur verwundert staunen über soviel "gelungene" Kooperation, wenn man sich vergegenwärtigt, daß schon an den Apfelbäumen einer Obstwiese, wie sie an der Station 7 vorkommt, bis zu 1000(!) Tierarten leben. Die Individuendichte pro Stamm kann die ungeheure Zahl von 18.000 erreichen, und auf einem Quadratmeter Boden unter einem Apfelbaum hat man schon 8000 Insekten gezählt. Das ist wimmelndes Leben, wie man es in solcher Dichte selten findet und das auf schier undurchschaubare Art ineinander verwoben ist.

Die Vögel nutzen aber alte Obstbäume nicht nur als Nahrungsquelle, sondern auch als Brutplätze - ebenso wie manche Fledermausarten, z.B. der Abendsegler, dessen Weibchen ihr einziges Junges pro Jahr in Baumhöhlen säugen.

Ein besonderer Nutzen der Gärten im Gebiet liegt in ihrem enormen Blütenreichtum, an dem sich im Frühjahr die Bienen des Imkers ebenso wie die Wildbienen laben. Die jungen Bienenvölker holen sich Pollen und bestäuben im Gegenzug die Bäume und Blumen. Außerdem ist im Herz das Fallobst in den Gärten eine beliebte Zukost für heimische Überwinterer, zu denen Siebenschläfer und Igel gehören.

Kleingärten sind aber nur solange Ausgleichs- und Rückzugsgebiete für Flora und Fauna in einer weithin ausgeräumten Landschaft, solange sie naturnah bewirtschaftet werden. Dazu gehört: Gießen mit Regenwasser, organische Düngung, Verzicht auf Pestizide, Wildnis in nicht genutzten Bereichen und Verwendung heimischer Stauden und Gehölze.

Unsere mitteleuropäischen Tierarten sind an Exoten wie Thuja und immergrüne Gartenkoniferen, die aus anderen Florenreichen stammen, nicht angepaßt. Viele wirbellose Tiere brauchen heimische Futterpflanzen bzw. leben als Räuber von den Bewohnern heimischer Sträucher. "Grün" ist daher nicht gleich "Grün". Mit einer Bewirtschaftung nach den oben genannten Richtlinien kann jeder Gartenbesitzer seinen Beitrag zu einer artenreicheren Umwelt leisten.