Lebensräume in Franken
Ein Vorwort

Lebensräume existieren überall, wo die 4 Elemente Wasser, Erde, Feuer (Sonne), und Luft ihr Stelldichein feiern. Das Leben hat im Lauf der Erdgeschichte die unwirtlichsten Zonen erobert. Tiere, Pflanzen und Mikroben leben in heißen Geysiren, in der dünnen, UV-haltigen Luft der Hochgebirge, in den trockensten Wüsten. Das Leben paßte sich in den fast vier Milliarden Jahren (!) seiner Existenz solchen Extrembedingungen an.

Immer neue Formen entsprossen dem schöpferischen Grund der Natur und entwickelten sich zu Artengemeinschaften in einer sich beständig wandelnden Umwelt.

Die moderne Situation aber ist neu. Die letzten 150 Jahre der Naturgeschichte waren geprägt durch einen vom Menschen verursachten, beispiellos schnellen Wandel der Atmosphäre und der Landschaft, wie er vorher nur durch Naturkatastrophen erfolgte. Floren- und Faunenschnitte, wie die Paläontologen Prozesse plötzlicher Artenverarmung oder -veränderung bezeichnen, gab es mehrmals im Lauf der Erdgeschichte (z.B. Aussterben der Dinosaurier), aber es fehlt jedes Beispiel, daß eine Art innerhalb derart kurzer Zeit ihre eigene Lebensbasis zerstörte.

Der Mensch hat sich scheinbar von den Naturkräften emanzipiert, sie zumindest kurzfristig mit seiner Technik zu beherrschen gelernt. Aber diese Emanzipation zeitigt mittlerweile bittere Früchte: die technische Entfremdung hat nicht länger nur ein inneres, gleichsam seelisches Nachspiel, sondern zunehmend auch schwerwiegende physische Konsequenzen.

Auch in Franken haben sich viele Lebensräume, aus ökologischer Sicht meist zum Nachteil, verändert. Die Technik hat ein längeres Leben, körperliche Entlastung und mehr freie Zeit gebracht, sie hat aber auch so manches zerstört. Wer offenen Auges über die Fluren geht und sich an seine Kindheit erinnert, wird die Landschaft monotoner, armseliger finden. Lebensräume wie Streuobstwiesen, Hutungen und Heckenmosaike sind vielerorts verschwunden. Aus der einstigen, kleinräumig reichgestaltigen Kulturlandschaft sind "Produktionsflächen" und "Agrarsteppen" geworden.

Dabei sind wir in Franken noch leidlich gut davongekommen. Die Topographie unserer Region, mit ihren vielen Tälern und Hügeln, hat die totale Erschließung der Landschaft zumindest verzögert.

In der folgenden zehnteiligen Serie "Lebensräume in Franken" möchte ich einige der bei uns noch intakten Biotope vorstellen, ihre Vielfalt erläutern, aber auch ihre Gefährdung demonstrieren. Es wird an uns liegen, ob es sich dabei um die Überreste einer sterbenden Landschaft oder um die Keime einer Renaturierung unserer Heimat handelt.

Gerade im Hinblick auf die deutsche Wiedervereinigung könnte im fränkisch-thüringischen Raum ein "grünes Band" geknüpft werden, das nicht nur die Einheit eines getrennten Volkes anzeigt, sondern auch den Beginn einer Aussöhnung dieses Volkes mit der von ihm bislang auf beiden Seiten stark geschundenen Natur.

Wenn Franken tatsächlich eine Drehscheibe zwischen Ost und West werden soll, wie viele Politiker in den Wirren der Tagespolitik lautstark fordern, dann bleibt nur zu hoffen, sie möge sich nicht so schnell drehen, daß der Natur- und Umweltschutz darauf keinerlei Stand hätten. Sonst dürfte in nicht zu ferner Zeit auch der homo sapiens auf der beständig wachsenden "Roten Liste der gefährdeten Arten" erscheinen. Die Natur aber, soviel ist sicher, wird weiter existieren.