Lebensräume in Franken
Immer neue Formen entsprossen dem schöpferischen Grund der
Natur und entwickelten sich zu Artengemeinschaften in einer sich
beständig wandelnden Umwelt.
Die moderne Situation aber ist neu. Die letzten 150 Jahre der
Naturgeschichte waren geprägt durch einen vom Menschen verursachten,
beispiellos schnellen Wandel der Atmosphäre und der Landschaft,
wie er vorher nur durch Naturkatastrophen erfolgte. Floren- und
Faunenschnitte, wie die Paläontologen Prozesse plötzlicher
Artenverarmung oder -veränderung bezeichnen, gab es mehrmals
im Lauf der Erdgeschichte (z.B. Aussterben der Dinosaurier), aber
es fehlt jedes Beispiel, daß eine Art innerhalb derart kurzer
Zeit ihre eigene Lebensbasis zerstörte.
Der Mensch hat sich scheinbar von den Naturkräften emanzipiert,
sie zumindest kurzfristig mit seiner Technik zu beherrschen gelernt.
Aber diese Emanzipation zeitigt mittlerweile bittere Früchte:
die technische Entfremdung hat nicht länger nur ein inneres,
gleichsam seelisches Nachspiel, sondern zunehmend auch schwerwiegende
physische Konsequenzen.
Auch in Franken haben sich viele Lebensräume, aus ökologischer
Sicht meist zum Nachteil, verändert. Die Technik hat ein
längeres Leben, körperliche Entlastung und mehr freie
Zeit gebracht, sie hat aber auch so manches zerstört. Wer
offenen Auges über die Fluren geht und sich an seine Kindheit
erinnert, wird die Landschaft monotoner, armseliger finden. Lebensräume
wie Streuobstwiesen, Hutungen und Heckenmosaike sind vielerorts
verschwunden. Aus der einstigen, kleinräumig reichgestaltigen
Kulturlandschaft sind "Produktionsflächen" und
"Agrarsteppen" geworden.
Dabei sind wir in Franken noch leidlich gut davongekommen. Die
Topographie unserer Region, mit ihren vielen Tälern und Hügeln,
hat die totale Erschließung der Landschaft zumindest verzögert.
In der folgenden zehnteiligen Serie "Lebensräume in
Franken" möchte ich einige der bei uns noch intakten
Biotope vorstellen, ihre Vielfalt erläutern, aber auch ihre
Gefährdung demonstrieren. Es wird an uns liegen, ob es sich
dabei um die Überreste einer sterbenden Landschaft oder um
die Keime einer Renaturierung unserer Heimat handelt.
Gerade im Hinblick auf die deutsche Wiedervereinigung könnte
im fränkisch-thüringischen Raum ein "grünes
Band" geknüpft werden, das nicht nur die Einheit eines
getrennten Volkes anzeigt, sondern auch den Beginn einer Aussöhnung
dieses Volkes mit der von ihm bislang auf beiden Seiten stark
geschundenen Natur.
Wenn Franken tatsächlich eine Drehscheibe zwischen Ost und
West werden soll, wie viele Politiker in den Wirren der Tagespolitik
lautstark fordern, dann bleibt nur zu hoffen, sie möge sich
nicht so schnell drehen, daß der Natur- und Umweltschutz
darauf keinerlei Stand hätten. Sonst dürfte in nicht
zu ferner Zeit auch der homo sapiens auf der beständig wachsenden
"Roten Liste der gefährdeten Arten" erscheinen.
Die Natur aber, soviel ist sicher, wird weiter existieren.
Ein Vorwort
Lebensräume existieren überall, wo die 4 Elemente Wasser,
Erde, Feuer (Sonne), und Luft ihr Stelldichein feiern. Das Leben
hat im Lauf der Erdgeschichte die unwirtlichsten Zonen erobert.
Tiere, Pflanzen und Mikroben leben in heißen Geysiren, in
der dünnen, UV-haltigen Luft der Hochgebirge, in den trockensten
Wüsten. Das Leben paßte sich in den fast vier Milliarden
Jahren (!) seiner Existenz solchen Extrembedingungen an.